Dienstag, 29. Mai 2018

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Montag, 28. Mai 2018

Theater Paderborn Das Scheißleben ...

Nancy Pönitz, Sebastian Muskalla, Denis Wiencke - foto Chr. Meinschäfer

Traumaverarbeitung in einer "exzessiven Lebensreise". Im Studio des Theater Paderborn. Themen-der-Zeit-Autor Erhard Hofmann hat sich das Stück angesehen.

28.5.2018


Ein überdimensionales, quer durch den Raum schwebendes Baby dominiert die Bühne. Daneben schwingt der skelettierte Sensenmann unaufhörlich und roboterhaft seine Sense. Die grauen Betonkatakomben des Studiotheaters geben den Rahmen (Bühne & Kostüme: Daniel Angermayr), dazu experimentelle Elektronikmusik. Das sind die Anfangsingredienzien für Oliver Klucks dramatisierte Version von Andreas Altmanns vielbeachteter Autobiografie ´Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend`, die am 26.5. in Paderborn ihre Premiere feierte.
Die drei DarstellerInnen Nancy Pönitz, Denis Wiencke und Sebastian Muskalla treten scheu beobachtend von der Seite in den Raum. Sie sind gekleidet als Gevatter Tod in schwarz-grauen Umhängen, die Gesichter weiß geschminkt, die Haare streng nach hinten gekämmt. In einem langen, stakkatoartig vorgetragenen Anfangsmonolog skandieren sie die ersten 40 Jahre von Altmanns Leben. Es ist eine furchtbare, zum Scheitern verurteilte Kindheits- und Jugendbiografie, die beim jungen Erwachsenen zu zahlreichen Abbrüchen und Lebenskrisen führt. Wie aus dem Nichts stellt sich dann mit etwa 40 Jahren plötzlich der berufliche Erfolg als Reisejournalist und Schriftsteller ein.
Hier ist der Prolog zu Ende, nun geht es zurück in die ´eigene Scheißjugend` von Andreas Altmann, die eng verknüpft ist mit dem ´Scheißleben` seines Vaters und dem ebenso erbärmlichen Leben seiner Mutter. In einzelnen Szenen werden in einem fast irrwitzigen Spieltempo die zentralen Kindheits- und Jugendstationen erzählt und gespielt, in stets wechselnden Rollen und wechselnden Kostümen. Es ist die Hölle auf Erden, die hier ausgebreitet wird: das ungewollte Baby, der tyrannische Vater, der direkt vom Nazi zum Devotionalienhändler im katholischsten aller katholischen Wallfahrtorte, nämlich Altötting, mutiert ist, dann die devote und verzweifelte Mutter, die zu schwach ist, um ihre Kinder und auch sich selbst gegen diesen durch Krieg und Zeitgeist völlig traumatisierten und zum Sadisten gewordenen Mann zu schützen. Andreas kommt damit noch weniger zurecht als seine Geschwister, versagt in der Schule, gerät in die Opferrolle, sucht die LIEBE bei seinem Vater, gerät in eine Täter-Opfer-Abhängigkeit, wird ins Internat verschickt, erlebt seine erwachende Sexualität, die ihn völlig übermannt und so weiter und so fort.
Nancy Pönitz, Denis Wiencke und Sebastian Muskalla geben ihr Bestes, um sich durch diesen wahnwitzigen Text und die Irrungen und Wirrungen dieser verkorksten Biografie zu kämpfen. Stark sind sie im dynamischen Zusammenspiel, auch in den ruhigen, fast fragilen Momenten der Inszenierung. Insbesondere Nancy Pönitz und Sebastian Muskalla beeindrucken in Monologen, z. B. als reuige Wallfahrerin auf den Knien rutschend oder in der absurd-witzigen Schlussszene. Diese kraftvolle Spielfreude und das rasante Spieltempo lassen den Zuschauer darüber hinwegsehen, dass der anspruchsvolle Text von Altmann vor allem in den rezitatorischen Passagen nicht immer ganz flüssig daherkommt.
Fanny Brunner gelingt mit ihrer stringenten Inszenierung und zahlreichen die Stückaussage unterstützenden Regieeinfällen ein Abend großer Intensität, in der sie das Exemplarische einer Biografie mit der universellen Aussage des Stückes, nämlich wie eine ganze Generation ihr eigenes Trauma unverarbeitet lässt und damit Einzelschicksale wie die von Andreas Altmann überhaupt erst möglich macht, verbindet. Tröstlich ist das Ende. Die exzessive Lebensreise Altmanns, die erst möglich wurde durch diese Biografie, hat ihn zu einem Menschen gemacht, der heute seinen Vater nicht mehr hasst, der nicht mehr hausieren gehen muss mit seinem geschundenen Herzen, der den Menschen an seinen Taten misst und der sagen kann: „Ich lebe wahnsinnig gern“.

Das Publikum ist ergriffen und dankt mit überschwänglichem Applaus.

wundern geschieht immer wieder ...

Vergangen vergessen vorüber vergangen vergessen vorbei die zeit deckt den mantel darüber vergangen vergessen vorbei freddy quinn Als Deut...