Freitag, 31. August 2007

die bloggerei

Über die Aufgabe des Bloggers schreibt Michael Eggert: "Natürlich besteht die Aufgabe eines Bloggers darin, nicht nur das präzise Interesse, sondern auch die Sprache des Lesers zu finden."
Wer aber hat diese Aufgabe gegeben? Und wer prüft, ob die Aufgabe richtig ausgeführt ist? Natürlich, der Blogger selbst. Oder die Kommentare? Aber: wenn es keine Kommentare gibt; ist die Aufgabe dann nicht erfüllt? Oder gerade dann? Wenn ich zu jedem Zeitungs-Artikel einen Leserbrief verfassen würde, ich hätte wahrlich viel zu tun. Vielen Print-Artikeln stimme ich beim Lesen so zu, dass sich ein Kommentieren erübrigt. Ich meine, das kann auch für Blog-Beiträge gelten. Manche Kommentare finden sich aber auch in anderen Artikeln wieder. Das fordert vom Leser präzises Lesen. Fehlende Kommentare können, müssen aber nicht, auch auf Nicht-Interesse von Lesern schließen lassen.
"Die Kommentarfunktionen machen es im übrigen möglich, die Gemeinsamkeiten der Sprache zwischen Blogger und Lesern auszuloten. Bloggen ist in dieser Hinsicht schon spannender als Bücher schreiben."
Ebenso wie die "Gemeinsamkeiten" machen die Kommentare natürlich auch die Unterschiede deutlich. Ein Beispiel mag ein Austausch in den Kommentaren zwischen Eggert, Sünner, Nerone und Elisabeth und Johannes sein.
Es geht in diesem Kommentar-Gespräch (ich nenne das jetzt mal nicht Diskussion) um "das moralisierende Moment" bei der spirituellen Sinnsuche in Büchern über esoterische Entwicklungswege, über das sich Eggert in dem Blog-Beitrag Gedanken gemacht hatte. Ein spannendes Thema, zumal wenn im Gespräch die aufgeworfenen Fragen erweitert und dadurch noch anschaulicher werden können.
Unterbrochen wurde das Gespräch dann durch eine etwas seltsam anmutende Eigenwerbung von Sebastian Gronbach. Sünner fragte deshalb zu Recht: "Deutungshoheit", "Postmoderne", Christus als anthroposophischer Mythos: wo ist der Bezug zum Vorhergehenden?"
Gronbach selbst wird seinen Kommentar natürlich als einen substanziellen Beitrag werten, was an dieser Stelle, wie ich finde, den vom Egoisten Eggert geäußerten Satz von den "Gemeinsamkeiten" unterstreicht. Oder eben auch der Unterschiede.
Ungeachtet dessen wird in dem Gespräch versucht, Verständnisprobleme zu lösen und die durch die Einwürfe entstandenen "Umwege" wieder zu verlassen und den "geraden" Weg fortzusetzen.

Ein Zeit-Problem in zweifacher Hinsicht scheint mir allerdings bei dem Thema Bloggerei - um auf die Aufgabe des Bloggers zurückzukommen - die Vielfalt der Blogosphäre zu sein. Die Informationen zu sichten und das "Wesentliche vom Unwesentlichen" zu unterscheiden, finde ich nicht einfach und auch sehr zeitaufwendig. Manchmal ist es das Thema, manchmal der Stil des Bloggers und manchmal einfach Lust an intellektueller Auseinandersetzung, was mich an der Bloggerei (als Leser) fasziniert.
Wie sagt Eggert: "Flammende Absichten, kühne Pläne. Die einsame Arbeit eines Karmatherapeuten, die niemanden interessiert. Oder von all dem das gerade Gegenteil, dazu eine Prise Kunst und Gestaltung o.ä. Und eben eine gemeinsame Sprache. Man kann ja unmöglich z.B. die Sprache Steiners auf die Leute los lassen. Es wäre weder die meine noch die meiner Zeit."
Hier wären wir dann wieder bei meiner Eingangsfrage: Wer hat dem Blogger die Aufgabe gegeben? Und eine weitere Frage: Was ist Stille?

4 Kommentare:

karl gumbricht hat gesagt…

Stille im Blodings? Das Ende der Kommunikation? oder so:
http://nerone.wordpress.com/2007/06/13/das-schweigen/

Aber wer stellt die Aufgabe? Gute Frage. Der Verstand, vielleicht, und alles was in diesem Wort stecken kann? Also Zustand und Entwicklung? Die Aufgabe heißt doch eigentlich Kommunikation? Die Aufgabe ist also immer schon da, wenn heute einer seinen Blog beginnt. Bloggend und kommentierend sucht man auf dem schmalen Grad zwischen Meinung und Haltung die Balance zu halten. Hat man erst einmal begonnen, bleibt die Aufgabe Kommunikation bestehen und befruchtet sich sogar weiterhin selbst.

Es kommen noch andere Momente hinzu:
Identifikation mit der virtuellen Identität,
Sozialisierung im virtuellen Umfeld,
und sicherlich noch einiges mehr. Die gerade angesprochenen Dinge schaffen das was Eggert in seinem Beitrag beschrieb. Freiheit und Festigung der eigenen Schreibe und Ideenwelt, etc.

Anonym hat gesagt…

Gegenfrage: Warum macht ein Künstler Kunst? Er kann das so wenig beantworten wie der Blogger, nehme ich an. Aus einem Überschuss an Energie? Aus dem Bedarf, etwas auch für sich zu klären? Aus einem Manko an diesbezüglicher Kommunikation im Alltag? Weil man eine treffsichere, präzise, dem Thema und den Lesern gerecht werdende Sprache als sinnvolle persönliche Entwicklungsmöglichkeit sieht? Es gab eine Zeit, da bloggte ich, um Artikel an Printmedien zu verkaufen. Das ist für mich vorbei. Es ist ein Medium, eine persönliche, aber sachliche (und damit auch über-persönliche) Ausdrucksform zu entwickeln. Wenn man es will, kann man das als "Schulung" verstehen. Diese Schulung hat keinen bestimmten Zweck, kein Ziel, keine verborgenen Absichten. Meine frühen Vorstellungen, damit didaktisch zu wirken - z.B. in der AG bestimmte Diskussionen anzustossen, sind weitgehend verschwunden. Ich habe keine Lust, dauernd mit erhobenem Zeigefinger herum zu laufen. Im Grunde ist die Bloggerei für mich eine Art Kunstform- eine Form von Kunst. Das Bloggen integriert Sprache, Denken, Gestaltung und Technik.

<+
Michele www.egoisten.de

Anonym hat gesagt…

Das mit dem erhobenen Zeigefinger finde ich gut. Wie oft ist man in der Gefahr, denselben etwas zu weit auszustrecken. Schulung? Ich merke, wie sich Schreiben verändert. Früher "hingerotzte" Bemerkungen passieren jetzt immer mehr den "kann-man-das-so-sagen-Filter"; im Sinne von: "Wird es so verstanden, wie es gemeint ist?".
Der bildende, malende Künstler hat es einfacher, meine ich. Sogar der anthroposophische Künstler, wenn er "anthroposophisch" malt, entzieht sich der "Beurteilung". Wem es gefällt, dem gefällts. Entscheidend ist, was das Bild mit mir macht. Da steht, hängt oder liegt es. Insofern finde ich abwertenden Bemerkungen über diese Art von Malerei immer etwas albern. "Modernes" anthroposophisches Schreiben hat auch manchmal so einen gewollten Zug. Beim Lesen aber kann ich mich daran stoßen und kann es abgleichen mit meinen Ansehungen von Welt oder "meiner" Wahrheit. Es ist also für den, der es möchte, irgendwie überprüfbar. Damit meine ich jetzt nicht das Nachschlagen von Zitaten, sondern die Frage nach dem "gesunden" Empfinden, das sich dann speist aus der Kenntnis des Sachverhalts etc. Vorsicht! Nicht des "gesunden Volksempfindens". Da gehts schon los mit dem Filter. Wenn das NWA sieht, bin ich doch schon wieder geliefert:-)
Ich bleibe dabei, vielleicht auch nur für mich. Mir ist die Frage nach der Aufgabe noch nicht ganz klar. Woher kommt sie, die Aufgabe? Fortführung von Kommunikation ist "Durchführung der Aufgabe", klar, aber wo beginnt sie? Gewissen? Mission? Oder am Ende aus dem Medium selbst? Es gibt mich, also blog mich. Ist es wie mit dem Auto; hier stehe ich, also fahre mich? Ein Buch im Schrank bringt mich noch lange nicht zum Bücherschreiben. Eine Schreibmaschine schon eher. Mission? Besserweißer? Wadenbeißer? Federweißer! Schade dass ich nix trinke:-) Die Stille? Ich erinnere mich dunkel, nerone. .

Ach. Gedanken-Fetzen. Früher ging man zum Frisör, wenn man sich unterhalten wollte. Aber was machen, wenn die Haare weg sind?

Anonym hat gesagt…

Ich finde, in Bezug auf die Malerei täuschst Du Dich. Es gibt doch einen Anspruch des Malers- er sucht doch einen Weg, Form- und Farbgestaltung in ein wie auch immer geartetes Ideal zu bringen. Und man kann durchaus auch Kriterien für gute oder schlechte Arbeiten entwickeln- auch als Betrachter.
Im übrigen denke ich, dass man auch als Blogger immer wieder durch schwierige Phasen geht, in denen man sich die Sinnfrage stellt. Ob es den Aufwand wert ist. Ob man (ich) diesen Konflikt so durchfechten will. Bei mir kommt halt der Spassfaktor hinzu, weil ich die Seite selbst gestalte und das damit auch ein kreatives Ausdrucksmedium für mich ist.
Herzlich
Michael www.egoisten.de

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