Freitag, 23. Januar 2009

Thema Gaza

der folgende Kommentar ist eine persönliche Meinungsäußerung zu den jüngsten Entwicklungen im "Anthro-Internet" Bereich. Aus unterschiedlichen Gründen haben wir uns bisher nicht zum Gaza-Konflikt geäußert. Nicht, weil wir der Meinung sind, dass Themen der Zeit unpolitisch sein soll oder muss, sondern weil wir zum einen bisher niemanden gefunden haben, der uns etwas dazu schreibt und weil wir uns zum anderen durchaus der Verantwortung bewusst sind, die ein dermaßen sensibles Thema erfordert.

Zensur in der Anthrosphäre?

Es gibt im Internet eine Menge Informationen zu diesem Thema, selbstverständlich bleibt auch die virtuelle Anthro-Sphäre nicht davon verschont. Bei Hermann Finkelsteens Uribiern, einer ziemlich "subversiven" Anthroseite, bei dessen Lektüre man manchmal nicht so recht weiß, ob es noch Spass oder schon blutiger Ernst ist, fand ich diesen bedenkenswerten Beitrag, der mit zu dem Besten gehört, was ich in der letzten Zeit in der Anthro-Blogshäre zum Thema Gaza gelesen habe. Auch auf der Webseite des Bloggers Canaillo, der sich normalerweise ähnlich wie die Herren aus Uribistan in satirischer Weise der Anthroszene widmet, finden sich informative Beiträge zum Geschehen im Gaza-Streifen.
Ich halte es - im Gegensatz zum Info3-Redakteur Felix Hau - allerdings für legitim, persönliche Betroffenheit über das Geschehen im Gazastreifen zu artikulieren, gerade auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass diese Art Auseinandersetzung immer wieder Menschenleben fordert. Inzwischen sind es Medienberichten zufolge mehr als 1300, und mit Sicherheit wird es noch weitere Opfer geben. Die Arroganz und der Zynismus, die aus manchen Kommentaren zu diesem Thema sprechen, sind gleichwohl schwer auszuhalten. Nun kann man sich streiten über die Beiträge, die zum Thema ins Netz gestellt wurden, man mag anderer Auffassung sein, aber dass es so weit geht, dass ein Beitrag vom anthroposophischen Info-Portal Anthromedia wieder entfernt wurde, weil er einem bloggenden Redakteur der auflagenstärksten anthroposophischen Zeitschrift in Deutschland nicht gefallen hat, scheint mir bemerkenswert.
Felix Hau, der im Zusammenhang mit in Deutschland stattgefundenen Demonstrationen gegen die Kriegs-Politik Israels von "psychotischen Zügen" einer "schrägen Sklavenaufstandsromantik" spricht, empört sich auf seinem Blog: "Leider sind auch weite Teile der anthroposophischen Bewegung mit Blindheit geschlagen. Die bislang bemerkenswerteste Irrfahrt habe ich - leider - bei der befreundeten Internetplattform „Anthromedia" gefunden. Der Autor Johannes Anders ist tatsächlich nicht sehr anders als viele andere.(..) Der Rest der Predigt – sie bewegt sich im üblichen Rahmen der reflexhaften Parteinahme für scheinbar Wehrlose.. "
Für die zuständige Anthromedia-Redakteurin offensichtlich Grund genug, den von Hau kritisierten Beitrag zu entfernen, nachdem sie von ihm selbst, so war es zu erfahren, auf seinen Text hingewiesen worden war. Der Dank an die Redakteurin, den Hau im Anschluss daran seinem Beitrag voranstellte, offenbart leider einmal mehr eine selbstgefällige Arroganz, die sich mit dem Credo seines Blattes, nämlich "Anthroposophie im Dialog", für mich irgendwie nicht so recht vereinbaren lässt.
Der Autor Johannes Anders hat uns seinen Artikel zur Verfügung gestellt, wir haben ihn zusammen mit seinem "Offenen Brief" an die "anthroposophischen Freunde bei Themen der Zeit veröffentlicht. "Humanistisch aufgeblähten Antisemitismus", wie Info3 Chefredakteur Jens Heisterkamp ihm vorwirft, vermögen wir im Beitrag von Johannes Anders nicht zu erkennen.

Artikel von J. Anders bei TdZ

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Herr Mentzel, die Quintessenz von Anders Artikel - den Sie hier übrigens nicht vollständig eingestellt haben - ist neben der Würdigung der Hamas, die sich offen zu ihrer Mordlust an jüdischem Leben bekennt und der kritiklosen Übernahme arabischer Narrative eine hinlänglich bekannte: am zunehmenden Antisemitismus sind die Juden selbst schuld. Und nicht nur das: Es geschieht ihnen auch noch recht.
(Anders: "Wenn Aussenministerin Livni nun beklagt, dass der internationale Antisemitismus zunehme und immer mehr Synagogen und Friedhöfe betroffen sind - wen wundert's?")
Wenn Sie das gerne unter Ihren Fittichen gedeihen lassen: bitte.
Ich finde es zum Kotzen.

Anonym hat gesagt…

Vielen Dank, Herr Mentzel, dass auch Sie kritische Stimmen einstellen.
Auch in Israel selbst gibt es durchaus Kritiker der offiziellen Politik, so zitiert die "Jüdische Zeitung" ( www.j.-zeit.de ) vom Jan. 09, Seite 8, den israelischen Journalisten und Historiker Tom Segev: "Hamas ist keine Terrororganisation, sondern eine nationalreligiöse Bewegung, und die Mehrheit der Bevölkerung von Gaza glaubt an diesen Weg." Der "Haáretz" Korrespondent für die besetzten Gebiete, Gideon Levy, sagt: "Israels gewaltsame Reaktion sprengt die Proportion und übertritt jede rote Linie von Menschlichkeit, Moral, internationalem Gesetz und Weisheit."
Übersehen wird bei den Kriegsbefürwortern, dass Gaza seit Monaten abgeriegelt ist, es gab und gibt nicht ausreichend Lebensmittel, Medikamente, Benzin etc.,es können ca. 140000 Palästinenser ins Israel nicht zur Arbeit gehen(rechnet man pro Verdiener 6 vom Verdienst Abhängige, so sind das 840000 Menschen). Auch dem Westen fiel, wie Israel, als Antwort auf Hamas nichts Besseres als Abriegelung = Ghettoisierung und Kürzung der Hilfen ein.
Ausserdem wird vergessen, dass im Februar in Israel gewählt wird. Dazu schreibt Dieter Fuchs in der St.Z. v. 19.1.2009, S.3: "Barak und noch mehr Levi sind gemäßigte Politiker. Im Gegensatz zu ihrem Kontrahenten Benjamin Netanjahu, der im Falle eines Wahlsieges die Friedensbemühungen um Jahre zurückwerfen würde, ist Zipi Livni zuzutrauen, mit weniger Tabus im Kopf Verhandlungen über einen Palästinenserstaat voranzutreiben. Und Barak Obama könnte sich in diesem Punkt als äußerst wertvoller Verbündeter erweisen. Denn der Nahostkonflikt ist lösbar, wenn starke und glaubwürdige politische Führer Ängste überwinden, Vertrauen schaffen und Einzelinteressen beiseite schieben."
Dazu gehört dann auch, dass sich die Hamas von ihren eigenen Hardlinern trennen muss. Und auch Israel stünde es im eigenen Land gut an, die Zivilgesellschaft weiter auszubauen und ihre Minderheiten gleich zu stellen.
Diese o.a.Zitate sprechen also eindeutig gegen die Hau´sche Sicht der Dinge.
Viele Grüße Barbara

Anonym hat gesagt…

Barbara,

der Unterschied ist folgender: Sie und Herr Mentzel glauben im Verbund mit 90% der Deutschen, dass Sie ganz genau wissen, wie der Nahost-Konflikt lösbar ist.
Ich glaube das nicht.

Aber ich weiß etwas. Und zwar weiß ich, dass kein Staat der Welt - von denen übrigens kein einziger jemals "friedlich" entstanden ist; nicht einer! - es dulden würde, dass Anreiner sein Territorium permanent mit Geschossen beglücken und erklärtermaßen seine Vernichtung betreiben wollen.

Ich habe keine Lösung für den Nahost-Konflikt; ich habe aber größtes Verständnis für den israelischen Pragmatismus, der sich keinen Illusionen über einen dauerhaften Frieden mit erklärten Feinden mehr hingibt, sondern einfach nur das Leben seiner Bürger erträglich machen und sichern will.

Ich sehe allerdings mit wachsender Sorge und Wut, dass sich in den üblichen, hundsgewöhnlichen Reflex der Parteinahme für den scheinbar Schwächeren (der in diesem Zuge übrigens total entmündigt wird, weil man die Verantwortung für seine Handlungen nicht mehr ihm selbst zugesteht) uralte Ressentiments mischen. Und zwar ausgerechnet solche, die den Staat Israel auch über jedes normale Recht hinaus legitimieren.

Es ist nicht mehr rational erklärbar, dass erwachsene Europäer wie Herr Anders hinter einem "Tod! Tod Israel!"- grölenden islamo-faschistischen Mob herlaufen und nachher behaupten, sie seien auf einer Friedensdemo gewesen.
Und sein Text zeigt ja auch ganz deutlich, woher der Wind weht und wohin der Hase läuft.

Ich bin ehrlich entsetzt, dass Sie beide das für einen legitimen, "kritischen" Standpunkt halten und es dann auch noch mit der Geste des Schutzes von Minderheitenmeinungen verteidigen. Herr Anders artikuliert die absolute mainstream-Auffassung. Sie können diesen Unsinn seit Wochen - was sag' ich: seit Jahren! - überall hören und lesen.

Anonym hat gesagt…

Lieber Felix,
keiner von uns hat die Existenzberechtigung des Staates Israel bestritten - davon gehen wir aus. Ich finde es nur traurig, dass Du dafür plädierst, Konflikte mit den Mitteln des 19. und 20. Jahrhunderts zu lösen: Krieg. Mittlerweile hat Pakistan z.B. die Atombombe: wie sieht es aus, wenn denen mal einfällt, die Palästineser insgesamt als Märtyrer anzusehen und dem "Agressor" Israel ein Bombe aufs Haupt werfen, während das Militär sich gerade im Gazastreifen befindet? Glaubst Du, Israels atomares Schutzschild funktioniert 100%? Welches Szenario wird dann wohl entstehen? Ich denke, wir alle müssen heute (im Privatleben und) in der Politik "moralische Fantasie" zur Lösung solcher Konflikte entwickeln. Die gegenseitige Achtung der Menschen, ihrer Religionen und Kulturen muss gelebt werden, trotz mörderischer Fanatiker. Der Weg dazu muss gefunden werden, sonst gehen am Ende alle unter.
Gruß Barbara

Anonym hat gesagt…

Wie man Krieg möglich macht:
Mittlerweile haben die Israelis ja gewählt, das Ergebnis ist bekannt. Heute meldet AP:
"Mit einer Absage an umfassende Friedensgespräche mit den Palästinensern hat der neue israelische Außenminister Avigdor Lieberman am Mittwoch sein Amt angetreten. Er sei gegen die Verhandlungen, die seine Vorgängerin Zipi Livni im vergangenen Jahr geführt habe, erklärte der ultranationale Politiker beim Amtsantritt der neuen Regierung von Benjamin Netanjahu. Zugeständnisse könnten zu Krieg führen, sagte er."
Viele Grüße Barbara

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